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„Jazz In The Jungle“ - Das Borneo Jazz Festival 2022

von Wolfgang König

Rio Sidik Quintet

Eine Woche nach dem Rainforest World Music Festival im Sarawak Cultural Village bei Kuching, der Hauptstadt von Malaysias größtem Bundesstaat Sarawak, begann in Miri, der zweitgrößten Stadt von Sarawak, das Borneo Jazz Festival unter dem Motto „Jazz In The Jungle“ auf einer Halbinsel im Südchinesischen Meer.

Die meisten Konzerte fanden in der Cococabana statt, einem Holzgebäude, das an den Seiten teilweise offen ist. Das Holz und die Architektur sorgten für eine exzellente Akustik. Vor den Abendkonzerten gab es Veranstaltungen im Freien, und als Tagesabschluss legte unter dem charakteristischen Leuchtturm in Gestalt eines großen Seepferdchens DJ Estephe aus Genf auf, begleitet von seinem Landsmann Jules Vulzor am Bass, dem Saxofonisten Chris Stalk und verschiedenen Gästen.

14-köpfiges Sape-Ensemble

Wieder einmal zeigte sich, wie groß die Überschneidungen der internationalen Jazz- und Weltmusik-Szene sind. So gab es z.B. mehrere Musiker, die – wenn auch in unterschiedlichen Formationen – bei beiden Festivals auftraten. Borneo Jazz begann mit einer besonderen Premiere: mit einem Sape-Orchester. Die traditionelle Laute aus Sarawak wird normalerweise solistisch oder im Duo eingesetzt; aber ein 14köpfiges Sape-Ensemble – das hatte es noch nie gegeben!

Afro-Asia mit dem Perkussionist Steve Thornton

 

Matti Kleins (Keyboard) „Soul Trio

Anschließend präsentierte die Gruppe Afro-Asia eine einzigartige Fusion von afrikanischen, lateinamerikanischen und südostasiatischen Rhythmen. Kopf der Band ist der New Yorker Perkussionist Steve Thornton. Der begann seine professionelle Karriere in den 1970ern bei Harry Belafonte und spielte da nach u.a. mit Dizzy Gillespie, Miles Davis, der Brasilianerin Tania Maria und dem japanischen Saxofonisten Sadao Watanabe.
Mit seiner aus Malaysia stammenden Frau und den Kindern zog Steve Thornton vor drei Jahrzehnten von Brooklyn nach Kuala Lumpur um, wo er seitdem hauptsächlich arbeitet. Auch Berlin war beim „Jazz In The Jungle“ vertreten, nämlich mit dem Keyboarder Matti Klein und seinem Soul Trio, das originelle Eigenkompositionen im Jazzfunk-Modus präsentierte.

Jazz-Sängerin Alemay Fernandez im Duett mit Richard Jackson

Keyboarder Nikko Ielasi von Nikkollective mit Gast-Drummer Arthur Kam (Malaysia)

Den zweiten Abend eröffnete Singapurs prominenteste Jazz-Sängerin Alemay Fernandez im Duett mit dem US-Amerikaner Richard Jackson, der seit 2008 in Singapur lebt. Die beiden Vokalisten sangen Jazz-Klassiker und entpuppten sich als versierte Scat-Künstler.
Freunde des Funk-Jazz kamen auf ihre Kosten beim Nikkollective, der Band um den 30jährigen in Los Angeles lebenden italienischen Keyboarder Nikko Ielasi mit dem rundum überzeugenden jungen malaysischen Drummer Arthur Kam als Gast.
In ähnlichen Gefilden, allerdings sehr viel zugänglicher für das „Laufpublikum“ des Festivals, bewegte sich der indonesische Trompeter Rio Sidik, der seit vielen Jahren auf der Insel Bali lebt und dort vor allem für Touristen spielt. Dass merkte man seiner Show auch an, ohne dass die ausgezeichneten Musiker sich unter Wert verkauften.

Recycling-Drumset von Lewis Pragasam

„Eco Drum Session“ mit Lewis Pragasam & Steve Thornton

Höhepunkt des dritten und letzten Festivaltages war die Gruppe Asiabeat aus Kuala Lumpur, die seit ihrer Gründung 1980 (!) vom Drummer Lewis Pragasam geleitet wird, der sich mit Jazz ebenso gut auskennt wie mit südostasiatischen Rhythmen. Sein aktuelles Schlagzeug hat sich Lewis Pragasam zum großen Teil aus recycelten Materialien wie einer Wassertonne als Bassdrum, dicken Rohren als Toms, Topfdeckeln und einer umgedrehten Bratpfanne selber gebaut.

Asiabeat feat. Helga Sedli

After Show Session

Abschluss-Jam-Session „Borneo Jazz“ 2022

Gastmusikerin beim Asiabeat-Konzert in Miri war die ungarische Violinistin Helga Sedli, die nach elf Jahren in Indonesien seit 2014 in Kuala Lumpur ansässig ist. Das Repertoire der Gruppe reichte von Jazzklassikern wie „My Favourite Things“ bis zu Stücken aus der klassischen indischen Musik.

Eine Jam-Session mit DJ Estephe und diversen Musikern aus verschiedenen Ländern bildete den Abschluss vom Borneo Jazz Festival 2022, das erneut bewies, wie unterschätzt gerade die malaysisch-singapurisch-indonesische Musik-Szene nach wie vor im sogenannten Westen ist. Darum ein großen Dankeschön an die Direktorin Evelny Hii und ihr exzellentes Team.

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Ein musikalischer Rückblick auf das auf das Borneo Jazz Festival ist im Café Olé #694 zu hören!