Hey!Blau (2015)
von: Meret Reh & Clemens Grün
Rot ist die Liebe, Grün die Hoffnung, Weiß die Trauer – Farben inspirieren unsere Fantasie und wecken unsere Gefühle. Sie helfen uns, Ordnung ins Chaos der Welt zu bringen und diese zu verstehen. „Colour Me“ heisst das Debutalbum der Berliner Band Riders Connection, und tatsächlich dreht sich hier alles um Farben und ihre Bedeutungen. Das Spektrum unserer Gefühle erscheint dabei so bunt wie die Farben des Regensbogens. Umgekehrt steht die Vielfalt der Farben für die Freiheit, die wir uns nehmen, diese Gefühle auszuleben.
Seit vier Jahren verdienen Riders Connection ihren Lebensunterhalt mit Straßenmusik am Alexanderplatz, im Mauerpark oder unter dem Hochbahnviadukt der Eberswalder Straße. Die begrenzten technischen Mittel auf der Straße kompensiert das Trio mit Kreativität. Frontmann Philipp schreibt, singt, spielt Gitarre und formt mit seinen Lippen die Mundtrompete. Die lebende Beatboxmaschine Moritz ersetzt nicht nur Schlagzeug und Percussion, sondern bei Bedarf auch ein Didgeridoo, Aleksej unterlegt die Songs mit groovigen Bassläufen, und über diesem rhythmischen Klangteppich schwebt Philipps charismatische Stimme.
Keine zwölf Monate nach der EP „Natural Sound System“ legen Riders Connection nun ihr Debutalbum vor, ein ganz eigener Mix aus Reggae, Soul, Folk, Blues und Weltmusik. Ihren auf dem Asphalt gereiften Sound beschreiben die Künstler selbst als „Herzens- und Weltmusik“: Musik, die von Herzen kommt, die Seelen berührt und so vielfältig und international, dass sie universal verständlich ist. Alle Songs spiegeln in der ein oder anderen Form das Lebensgefühl von Straßenmusikern wider, was sehr authentisch wirkt. Dabei zeigen Riders Connection sich vor allem als Urheber federleichter Sommerhits.
„Eleo“ und die auf Deutsch gesungene Ode „Musik“ huldigen dem „Carpe Diem“ und der Schwerelosigkeit des Vagabundenlebens. Im Raggamuffin „So Much Trouble“ erscheint die Musik als Friedensbringer, und auch „Colour Me“, der Titelsong des Albums, hat eine motivierende Botschaft. Aus Trennungen und Verlusten, die wir erfolgreich verarbeiten, gehen wir gestärkt und in gewisser Weise als neue Menschen hervor. Erst durch die grauen Tage, die wir durchleben, lernen wir die schönen und bunten Seiten des Lebens kennen und schätzen. Oft gibt es jemanden, der uns dabei hilft.
Der Song „Ticks of the Clock“ verarbeitet eine enttäuschte Liebe als musikalisches Roadmovie. Besonders auffällig ist dabei der Gegensatz zwischen Lyrics und Musik: „Tag für Tag denke ich an dich, Tag für Tag rede ich über dich, Tag für Tag bin ich mit dir“, so die Liebeserklärung im Refrain. Während der Text von Abschied und Sehnsucht erzählt, spielen Gitarre, Banjo und Geige eine mitreißende Melodie im Country-Rhythmus. Nach einem Break vermittelt Sänger Philipp mit emotionaler Stimme die Moral von der Geschichte: Manchmal sei es eben die einzige Lösung, getrennte Wege zu gehen und sein Leben zu leben. Nach diesem vernunftbegabten Fazit bricht sich aber wieder die Leidenschaft Bahn. Der Song endet in einem dramatischen Finale und der direkten Ansprache der verflossenen Geliebten: „you, you, you, you“.
Im Song „Cuyagua“ wird es lateinamerikanisch. „Cuyagua“ unterscheidet sich von den restlichen Songs des Albums, allein der Sprache wegen: Philipp singt zum ersten Mal auf Spanisch - eine Liebeserklärung an Cuyagua, einem Dorf an der Karibikküste Venezuelas. Der Text beschwört die Schönheit des Ortes. Immer wieder fragt sich das Publikum allerdings, ob die Liebe des Dichters nicht eigentlich dem Dorf Cuyagua, sondern tatsächlich einer Frau gilt. Die wiederholt gebrauchte Redewendung „mi morena“ („meine Brünette“) deutet jedenfalls eher auf eine kaffeebraune Schönheit hin als auf eine Dorflandschaft. So oder so ist das lyrische Ich verrückt nach Cuyagua: „Mi cielo, mi luz de mar, mi vida“ – mein Himmel, mein Meereslicht, mein Leben.
Neben viel guter Laune gibt es aber auch romantische Balladen. Der Titel „Days Like These“ ist eher von der ruhigeren und nachdenklichen Sorte. Das gleichmäßige Zupfen der Gitarre und die sanfte Stimme von Sänger Philipp erzeugen eine melancholische Stimmung. Der Text untermauert die besinnliche Atmosphäre: Er beschreibt die Suche nach Glück, Wärme und Schutz an kalten Tagen. Die perfekte Weihnachtsmusik für Großstadtneurotiker.