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von: Katrin Wilke
Der Bandname klingt nach einem Duo. Beim Blick auf die bemalte Vorderseite des liebevoll gestalteten CD-Pappschubers denkt man, eine Frau ist allein in den zwölf Liedern dieser CD zugange: Im Zentrum des rotbraunen Cover-Bildes thront eine kleine Akkordeonistin, Julie Lenormand, auf dem Rand eines Helikons. Dieses gigantische Blasinstrument hängt sich Stéphane Danielidès über den Körper und entlockt ihm schaurig-schöne, Basis und Rhythmus gebende, tiefe Töne. Er war es auch, der zunächst mit der SingerSongwriterin Julie als Duo startete. Dann schweben da zwischen Jugendstilschnörkeln noch eine Gitarre und ein Banjo, mit denen Guillaume Heiser je nach Stimmung des jeweiligen Liedes die passenden Klangfarben beisteuert.
Das kleine Drumset zur Rechten und die darüber hängenden Schellen sowie die Triangel bedient der einzige Nicht-Pariser der Band: Der seit langem an der Seine lebende Argentinier Daniel Duchowney hat eine Bombo-Trommel aus der Folklore seiner Heimat integriert und steuert auch sonst als Perkussionist viele witzige Ideen bei. Das brauchen diese allesamt von Julie komponierten und intonierten, sympathisch unberechenbaren, suggestiven Lieder auch. Diese werden geboren aus einer schon im CD-Titel angedeuteten Lust des Geschichtenerzählens, gepaart mit einer leisen und doch suggestiven Heiterkeit und etwas Nachdenklich-Grüblerischem.
Und auch stilistisch kommt so einiges zusammen: Die Inspirationsquelle des französischen Chanson sprudelt unüberhörbar, gut spürbar auch die nächtlich-schummrige Melancholie einer Lhasa de Sela oder eines Tom Waits'. Diese beiden Barden gehören zweifellos zu den Idolen der singenden Akkordeonistin und ihrer Musikerfreunde. Eine starke Affinität hat das Quartett des weiteren für die Musiktraditionen aus La Reunion. Der von dort stammende, ebenfalls seit langem in Frankreich, in Grenoble lebende Akkordeonist René Lacaille arbeitet immer wieder mit den befreundeten Franzosen zusammen. Er hat ihnen auch einen Song spendiert, die einzige Fremdkomposition des Debütalbums von Julie & moi, mit dem kryptischen Titel "5OP". Spricht man den Französisch aus, dann klingt das wie "syncope". Und mit Synkopen, diesen überraschenden, Spannung erzeugenden Rhythmuswechseln warten auch diese Songpoesien und ihre Interpreten auf, wie man auf dem Album und auch live erleben kann. Die mit einem feinen Humor und Hang zum clownesken Minenspiel ausgestattete Frontfrau nimmt den Zuhörer in ihren gesungenen Geschichten über die Liebe und über die Menschen, z.B. über eine junge Frau, die Taschentücher auf der Straße verkauft, mit in andere Welten. Die sind nicht exotisch oder spektakulär, sondern liegen - auch wenn man manchmal meint, das Meer der Karibik oder des Indischen Ozeans rauschen zu hören - womöglich gleich um die Ecke - in Paris, Berlin oder in welcher großen Stadt auch immer.
Wenn man das charmante musikalische Gespann auf der Konzertbühne erlebt - so wie kürzlich auf einem der Konzerte seiner ersten Deutschlandtour (und am 29. Juni in ihrer Heimatstadt - Tipp an Paris-Urlauber!) - dann gibt es auch das eine oder andere Schmankerl jenseits des auf CD präsentierten Repertoires: die vom Perkussionisten eingeschleppte Cumbia etwa oder Tom Waits' "I don't wanna grow up". Ja, und auch bei der bisweilen wie ein Kind singenden und in die Welt staunenden Julie möchte man manchmal meinen, sie wolle gar nicht groß werden. Dabei ist sie es schon - wie ihr charismatisches, akzentuiertes Akkordeonspiel und ihr fein austariertes, reifes Songwriting "befürchten" lassen...