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Eskorzo - Camino de Fuego

Venga Music (2014)

von: Jana Münkel, Clemens Grün

Ein Hort der Flamenco-Puristen war das andalusische Granada nie. Stattdessen war die kosmopolitische Studentenstadt im Schatten der maurischen Alhambra seit jeher ein Sehnsuchtsort der Dichter und Fantasten. Insofern verwundert es kaum, dass die Musik von Eskorzo, deren sieben Künstler in diesem malerischen Ort zu Hause sind, in keine musikalische Schublade passt. Tatsächlich gehört Eskorzo zu den innovativsten Formationen der europäischen Szene. 1996 gegründet, klingt die Band um Sänger Toni Moreno mit jeder CD ein bisschen anders. "Camino de fuego" ("Weg des Feuers") heisst ihr nun veröffentlichtes fünftes Studioalbum.

Die Künstler selbst nennen ihren Stil "Confusión" - "Verwirrung". Ihr energetischer Mix aus Ska, Rocksteady, Afro, Latin, Jazz und Rock überrascht das Publikum bei jedem Song aufs Neue. Entsprechend rasant eröffnet "Mambo zombi" das Album mit Afrobeat, Bigband-Bläsern und mitreissendem Wechselgesang, bei dem unter anderem ein Megaphon zum Einsatz kommt. "Acelera" ("Schneller!") startet mit einer fast einminütigen, jazzigen Sequenz aus Saxophon und Gesang. Dann zieht die Band auf einen Schlag das Tempo an und katapultiert das Publikum in karibische Gefilde.

Die sind auf diesem Album ohnehin omnipräsent, seien sie jamaikanischer, kolumbianischer oder - wie im Titelsong "Camino de Fuego" - afrocubanischer Natur. Die Single "Amenaza Fantasma" ("Dunkle Bedrohung") ist ein energetischer Ska, der zu Widerspruch und Standhafthaftigkeit aufruft und nicht zufällig an eine jener Gruppen erinnert, die zu den Urvätern des Latin-Polit-Punks gehören: die mexikanische Band Molotov.

Überhaupt ist Mexiko die auffälligste Inspirationsquelle des Albums: Mariachi-Trompeten begleiten die Ballade "Ojalá estuvieras aqui" ("Ich wünschte, Du wärst hier") und das aufmunternde "Sé feliz" ("Sei glücklich"), in dem Toni Moreno, untermalt von Triangel und ruhigen Percussion- und Gitarrensounds, von der immerwährenden Suche nach einem fragilen Glück erzählt. Und für die Cumbia "Suave" ("Sanft"), die die Hörer auf eine träumerisch-gemütliche Zugfahrt mitnimmt, hat sich die Band, neben dem spanischen Rocksänger Coque Malla, auch Lila Downs' legendären Akkordeonisten Celso Piña mit ins sanft zuckelnde Zugabteil geholt.

Lautmalerisch vergegenwärtigt wird diese Reise auf Schienen unter anderem durch die rhythmisch wiederholte Phrase "Que te...", ein typischer spanischer Satzanfang, der im Refrain vervollständigt wird, und ein überaus origineller Einfall, der exemplarisch steht für die große Bandbreite künstlerischer Ausdruckformen und seltene Verbindung von Poesie, Musik, Spielfreude und Dynamik, die "Camino de Fuego" realisiert.

Im Rahmen ihrer "Amenaza-Fantasma-Tour" spielt Eskorzo am 25.11.2014 um 20 Uhr im Kreuzberger Auster Club (Pücklerstraße 34, 10997 Berlin).