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Alborosie - Sound the System

Greensleeves (Groove Attack) (2013)

von: Clemens Grün

Alberto D'Ascola, besser bekannt unter seinem Künstlernamen Alborosie oder auch Puppa Albo, erscheint schon als wahres Urgestein der Reggae-Szene. Dabei liegt "Soul Pirat", das erste Soloalbum des inzwischen 36jährigen Sizilianers, gerade einmal sechs Jahre zurück. Seitdem hat der 2001 nach Jamaika ausgewanderte Produzent, Multiinstrumentalist und Sänger mit der markanten, rauen Stimme allerdings über 60 meist eingängige, radiotaugliche Songs veröffentlicht und sich überdies als Produzent für Künstler wie Shakira, Wiz Khalifa oder Gentleman, Alborosies deutschen Bruder im Geiste, einen Namen gemacht.

Abgesehen von dieser bemerkenswerten Produktivität, hat er dabei auch seinen Sound immer weiter verfeinert. Produziert auf analogem, ausgemustertem und von Alborosie eigenhändig restauriertem Equipment aus dem Studio One und früherer Produzentengrößen wie King Tubby, orientiert sich dieser am jamaikanischen Roots Reggae und frühen Dancehall der 60er, 70er und 80er Jahre. Schlagzeug, Gitarre, Bass, Keyboard - Instrument für Instrument hat sich Alborosie angeeignet und ein musikalisches Genre, dessen Blütezeit er selbst gar nicht bewusst miterlebt hat, so gut nachempfunden, dass es ihm in Fleisch und Blut übergegangen ist.

Inzwischen gehört Alborosie längst selbst zu den prägendsten Stimmen des Reggaes, und sein Tatendrang ist kaum zu bändigen: Fast alle Instrumente hat er auf seinem nunmehr vierten Studioalbum "Sound The System" selbst eingespielt. Dabei zeigt er die ganze Bandbreite des reichen musikalischen Erbes Jamaikas: Nicht nur klassische Dancehall-Nummern wie "Rock The Dancehall" und "Who Run The Dance" füllt er auf seine ganz eigene Weise mit neuem Leben, sondern auch Nyahbinghi Drumming, Ska, One Drop oder Rub-A-Dub. Zu seinem Grundprinzip gehört dabei der weitgehende Verzicht auf Samples zugunsten musikalischer und textlicher Zitate.

Auch politisch orientiert sich Alborosie an seinen schon von der 68er-Generation verehrten Vorbildern. In "Love Is The Way" kritisiert er Musikerkollegen, denen es nur um Geld und "Bling" geht. Das jamaikanische Sprichwort "Play Fool To Catch Wise" ("Sich dumm stellen, um jemanden hinters Licht zu führen") kann als Anspielung auf Alborosies persönliche Erfahrungen im rauen jamaikanischen Musikgeschäft verstanden werden. Der offene Brief "To Whom It May Concern" und der Diss-Tune "Shut U Mouth" schliesslich formulieren explizite und zum Teil drastisch vorgetragene Systemkritik, die - stellvertretend für korrupte Eliten weltweit - nicht nur auf Alborosies vertrautes Umfeld in Kingston Bezug nimmt, sondern auch auf Berlusconis Italien.

Namhafte Gastkünstler sind u.a. die Rasta-Ikone The Abyssinians, berühmt durch ihre Reggae-Hymne "Satta Massagana" und der legendäre Reggae-Saxophonist Dean Fraser. Für Bob Marleys Klassiker "Zion Train", den einzigen Cover-Song des Albums, teilt sich Alborosie das Mikrophon mit dessen Sohn Ky-Mani Marley, in "Memories" und "Warrior" mit den Nachwuchstalenten Kemar und Nature. Ein echtes Highlight schliesslich ist die mitreißende Rocksteady-Nummer "Goodbye": An der Seite des italienischen Retro-Popstars Nina Zilli, 2012 Vertreterin Italiens auf dem Eurovision Song Contest in Baku, klingt der Rasta aus Marsala beinahe wie der große Louis Armstrong.