Auf Menschenrechte in ihren Ländern angesprochen, reagieren viele nicht-westliche Nationen allergisch: Die Idee sei ein westliches Vorurteil, ein spätkolonialistischer Versuch, doch noch eine gewisse Hegemonie über den Rest der Welt zu erhalten. Schon die Charta der Menschenrechte der UNO wurde nicht von allen Mitgliedern verabschiedet – unter den Abweichlern waren z.B. viele islamische Nationen, die dieser Charta eine eigene arabische Charta der Menschenrechte entgegensetzten – in der dann viele dieser Rechte fehlten, die der Westen als selbstverständlich ansah.
Die Frage nach universellen, also für alle Menschen geltende Grundrechte beherrscht den sog. Kampf der Kulturen, sogar innerhalb transnationaler Bündnisse – man denke an Polen oder Ungarn. Und selbst unter progressiven Gruppen in westlichen Ländern herrscht oft eine kuriose Skepsis, ob es nicht eine – eben spätkoloniale – Arroganz offenbare, wenn wir unsere angeblich universellen Werte anderen um die Ohren schlagen.
Einen der wenigen Zeitgenossen, die für kulturübergreifende, also universelle, allgemeingültige Werte plädieren und diese historisch wie philosophisch solide grundieren, haben wir zum Gespräch geladen. Omri Boehm, Professor an der legendären New Yorker New School for Social Research, hat gerade sein Buch mit dem programmatischen Titel Radikaler Universalismus – Jenseits von Identität veröffentlicht - und schlägt bereits, verständlicherweise, hohe Wellen.
Unser Redakteur Eike Gebhardt hat mit ihm gesprochen.